Großer Erfolg für die Meinungsfreiheit: Phantom-Sperren unzulässig

Facebook-Sperren sind und bleiben ein leidiges Thema. Der Eifer des US-Unternehmens bei der Zensur seiner Nutzer kennt nach wie vor keine Grenzen – außer denen, die wir als Kanzlei für Meinungsfreiheit dem Konzern setzen.

In einer Vielzahl der Fälle werden Nutzer von Facebook gesperrt, ohne dass die Nutzer überhaupt erfahren, was denn Anlass der Sperre gewesen sein soll. Diese Fälle von Phantom-Sperren sind sehr häufig. Ungefähr jede dritte Anfrage, die unsere Kanzlei erreicht, besteht lediglich in der Mitteilung Facebooks, dass der Nutzer gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen habe – aber nicht, wodurch.

Bisher hatte sich Facebook prozessual damit herausgeredet, dass Facebook ein Recht darauf habe, Nutzer praktisch nach Belieben zu sperren. Dass dies schon dem Grunde nach falsch ist, haben schon in der Vergangenheit verschiedene Gerichte, auch Oberlandesgerichte, festgestellt. In vielen Fällen hat Facebook dann aber im Verfahren immerhin den Anlass der Sperre mitgeteilt, sodass die Streitigkeiten dann anhand des konkreten Sperrfalls weitergeführt werden konnte.

In einem Fall dagegen, in dem Facebook der Mandantin ebenfalls nur eine kurze Mitteilung geschickt hatte, dass sie gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen habe, weigerte sich Facebook jedoch, den Anlass der damaligen Sperre mitzuteilen. Zwar war in der Datenbank unstreitig nach wie vor vermerkt, dass die Kundin gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen habe, es sei aber angeblich nicht möglich, herauszufinden, weshalb. Schon mehrfach hatten wir in Prozessen gegen Facebook die Erfahrung machen müssen, dass das Unternehmen seine eigene Datenbank entweder nicht beherrscht oder schlicht wahrheitswidrig vorträgt (so auch in einem Fall vor dem OLG Hamburg, in dem das Gericht sein Urteil maßgeblich auf den Falschvortrag Facebooks stützte).

Das OLG München jedenfalls gab sich mit den Behauptungen Facebooks nicht zufrieden. Mit einem Hinweisbeschluss vom 18.02.2021 erläuterte der 18. Senat, dass aufgrund der vertraglichen Regelungen zwischen den Parteien Facebook in jedem Fall verpflichtet sei, dem Nutzer und Vertragspartner mitzuteilen, weshalb er gesperrt worden sei. Aus diesem Grund sei eine Sperre des Nutzers ohne konkrete Mitteilung des beanstandeten Beitrages von vorneherein rechtswidrig – unabhängig davon, ob der Beitrag des Nutzers tatsächlich gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen habe.

Die Entscheidung ist vor allem deswegen bemerkenswert, weil derselbe 18. Senat des OLG München bisher eine extrem restriktive, Facebook-Nutzer massiv benachteiligende Rechtsprechung zur Darlegungs- und Beweislast verfolgt. Nach Auffassung des OLG München soll nämlich alleine der Nutzer darlegen und beweisen müssen, dass eine Sperre gegen ihn rechtswidrig sei.

Diese Auffassung des OLG München ist absurd und steht im Widerspruch zu den allgemeinen Regeln des Zivilrechts, wonach nicht der eines Vertragsbruchs beschuldigte Vertragspartner seine Vertragstreue, sondern vielmehr der andere Vertragspartner den Vertragsbruch behaupten muss.

Immerhin hat der 18. Senat offenbar erkannt, dass dieser falsche Grundsatz jedenfalls in den Fällen, in denen Facebook den Anlass der Sperre überhaupt nicht mitteilt, zu eindeutig falschen Ergebnissen führt und insofern (ohne dies explizit zu äußern) eine vorsichtige Korrektur vorgenommen.

Es ist zwar festzuhalten, dass der 18. Senat des OLG München grundsätzlich nach wie vor bestrebt ist, Facebook prozessuale Vorteile einzuräumen, und in seiner Rechtspraxis dazu neigt, Meinungsäußerungen von Facebook-Nutzern extrem nachteilig und restriktiv auszulegen. Unserer Auffassung nach ist die Rechtsprechung des 18. Senats des OLG München daher auch zu großen Teilen verfassungswidrig und zeugt von einer politischen Agenda.

Gerade deswegen ist es aber erfreulich, dass hier nun zumindest eine Korrektur der bisherigen höchst einseitigen Rechtsprechung erfolgt.

Für Facebook-Nutzer bedeutet das, dass sie sich mit weitaus größerer Aussicht auf Erfolg gegen Sperren wenden können, deren Gründe nicht mitgeteilt worden sind.

Sie können vor Gericht erfolgreich gegen die Sperre vorgehen. Sollte dann im Prozessverlauf die Gegenseite den Anlass der Sperrung mitteilen, kann je nach den Umständen die Klage sogar noch erweitert werden, um auch den Sperrinhalt zu thematisieren.

 

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