Urteil des LG Hamburg gegen Facebook – Erfolg für die Meinungsfreiheit mit gemischten Gefühlen

Im November sprach das LG Hamburg sein Urteil in einem Fall, in dem durch das soziale Netzwerk Facebook erneut eine aktive Meinungslenkung versucht wurde. Gelöscht wurde durch den Meta-Konzern in dem betreffenden Fall der Beitrag eines Nutzers, welcher laut der Auffassung des Plattformbetreibers gegen die Gemeinschaftsstandards verstoße und außerdem einen Straftatbestand darstelle.

Diese Argumentation konnte vor dem LG Hamburg jedoch nicht aufrechterhalten werden. Dieses teilte die Auffassung von REPGOW, dass die Löschung des Beitrages und die daneben erfolgte Sperrung des Nutzerprofils des Klägers nicht hinnehmbar sind.

Facebook wurde somit dazu verurteilt, den entsprechenden Beitrag wieder freizuschalten. In Zukunft darf dieser ebenfalls nicht erneut gelöscht werden. Daneben ist auch die Sperrung des Accounts des Nutzers aufgrund des Beitrages zukünftig zu unterlassen.

Facebook beruft sich weiterhin auf ungültige Gemeinschaftsstandards

Um zu rechtfertigen, weshalb der Beitrag des Nutzers gelöscht und sein Profil gesperrt wurde, bezog sich der Meta-Konzern – wie so viele Male zuvor – auf seine Gemeinschaftsstandards, welche Teil der Nutzungsbedingungen darstellen. Allerdings bewertete die höchstrichterliche Instanz des Bundesgerichtshofes diese in der Vergangenheit bereits als ungültig. Dennoch unterlässt es Facebook nicht, sich immer wieder auf diese zu beziehen, wenn der Konzern scheinbar willkürlich Beiträge von Nutzern löscht und Konten sperrt, die der eigenen politischen Meinung und der öffentlich gewünschten Einstellung widersprechen.

Ausdruck der Missachtung ist keine Beleidigung oder gar Mobbing

Der Beitrag, der im Rahmen der Verhandlung vor dem Landgericht Hamburg verhandelt wurde, besteht in der folgenden Äußerung:

gemischte Bastarde“ Interessant, welche Begriffe Du gebrauchst. Dir ist schon bewusst, dass das als Rassismus geht, oder? Okay, was frage ich eigentlich Ich habe ein Gehirn vorausgesetzt. Mein Fehler.“

Der Beitrag war die Antwort eines Nutzers auf einen von ihm als rassistisch empfundenen Beitrag eines anderen Nutzers. Das LG Hamburg vertritt die Auffassung, dass es sich bei dieser Aussage weder um einen Straftatbestand noch um einen Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards – die ohnehin ungültig sind – von Facebook handele. Der Beitrag enthalte keine rechtswidrigen Inhalte, weshalb der Meta-Konzern keine Berechtigung habe, diesen zu entfernen und den Nutzer dafür auch noch weitreichender in Form der Profil-Sperrung zu sanktionieren.

Argumentation durch Facebook für Löschung ist nicht haltbar

Der Meta-Konzern argumentierte vor dem LG Hamburg so, dass der Beitrag ausschließlich dazu gedient hätte, die andere Person in Form von Mobbing zu erniedrigen. Dies würde wiederum gegen die Gemeinschaftsstandards des sozialen Netzwerks verstoßen.

Daneben ist Facebook der Auffassung, dass auch seine grundlegenden Nutzungsbedingungen eine Rechtfertigung dafür darstellen würden, den Beitrag zu entfernen. Die Äußerung erfülle darüber hinaus ebenfalls einen Straftatbestand.

Dieser Argumentation konnte das LG Hamburg jedoch keinesfalls beipflichten. Die Nutzungsbedingungen des Meta-Konzerns sähen nämlich vor, dass eine Löschung von Beiträgen nicht grundlos erfolgen darf. Dem Kläger wurde außerdem keine Möglichkeit eingeräumt, hinsichtlich seines Beitrages selbst Stellung zu beziehen. Der Straftatbestand der Beleidung würde laut LG Hamburg durch die Äußerung ebenfalls nicht erfüllt.

Zulässiger Diskussionsbeitrag ist keine Schmähkritik

Der Hinweis auf eine vorliegende rassistische Äußerung und die Anmerkung, dass der Adressat über kein Gehirn verfüge, sei lediglich ein Ausdruck der Missachtung des Beitrag-Verfassers. Er suggeriere, dass der Adressat nicht zum Denken fähig sein (aufgrund des fehlenden Gehirns). Nach dem Urteil des Landgericht Hamburgs habe der Kläger mit seiner Äußerung ausschließlich im Rahmen der Wahrnehmung seiner berechtigten Interessen gehandelt. Als Schmähkritik sei der Beitrag keinesfalls anzusehen – vielmehr stelle er einen zulässigen Diskussionsbeitrag dar.

„Rassismus-Vorwurf“ – Auch Justiz zunehmend politisiert

Selbstverständlich ist REPGOW hocherfreut, dass die Interessen des Mandanten vor dem LG Hamburg erfolgreich durchgesetzt werden konnten und der Meta-Konzern erneut erleben musste, dass seiner versuchten Meinungslenkung ein Riegel vorgeschoben wird.

Dennoch: Das Urteil des LG Hamburg zeigt sich in einigen Teilen durchaus auch als hoch problematisch. Der Straftatbestand der Beleidigung wurde durch das Gericht schließlich mit der Begründung abgelehnt, dass zuvor eine rassistische Äußerung durch den „Beleidigten“ erfolgt sei. Der Beitrag soll also nur deswegen rechtmäßig sein, weil er sich gegen „den Richtigen“ richte. An dieser Begründung lässt sich leider klar erkennen, dass sich auch die Justiz zunehmen als politisiert zeigt, was durchaus eine beunruhigende Entwicklung darstellt.

Wünschenswert wäre es gewesen, wenn die die Entscheidung des LG Hamburgs mit dem grundlegenden Recht auf die freie Meinungsäußerung begründet worden wäre. So entsteht jedoch der Eindruck, dass die Äußerung des Klägers nur nicht als Beleidigung zu werten ist, da diese sich auf einen „rassistischen“ Beitrag bezogen habe. Die Gerichte sollten jedoch unbedingt von einer derartigen politischen Bewertung Abstand nehmen.

REPGOW wird diese Entwicklung selbstverständlich weiterhin im Auge behalten und mit größter Leidenschaft gegen die Meinungslenkung in den sozialen Netzwerken und die politische Zensur für seine Mandanten kämpfen. Schließlich lassen sich noch zahlreiche weitere Themen finden, bei denen der Meta-Konzern den Versuch unternimmt, das Recht auf die freie Meinungsäußerung zu untergraben, ob bei LGQTB, dem Russland-Ukraine-Krieg, der COVID-19 Pandemie, der Asylpolitik oder dem Klimawandel.